Ich berichte heute von der kommunalpolitischen Fachtagung »Flächensparen und Siedlungsentwicklung – was können Kommunen tun?« Etwa 70 grüne Kommunalpolitikerinnen und Landtagsabgeordnete trafen sich einen Samstag lang im Maximilianeum zu interessanten Vorträgen, Austausch und Diskussion über den Flächenverbrauch in Bayern. Eingeladen hat Christine Kamm (MdL).
Ich nehme viele Anregungen mit. Hier ein kurzer Überblick.
Flächenverbrauch ist eigentlich eine irreführende Bezeichnung, ebenso wie Flächenausgleich. Die Fläche bleibt ja immer gleich viel. Bislang unbebaute »natürliche« Fläche wird für Siedlung und Verkehr »verbraucht«. Vermeintlich kann man das über die Aufwertung von weiter bestehender unbebauter Fläche »ausgleichen«, indem man sie noch »natürlicher« macht. Über diese Maßnahmen wird viel gestritten, aber darum ging es heute nicht. Tatsache ist, daß überproportional mehr Fläche verbraucht wird, als Einwohner hinzukommen. Die Fläche geht vor allem von der Landwirtschaft ab. Die Bauern klagen, daß sie doppelt Fläche verlieren – zuerst an den Investor, der baut, und dann noch einmal, weil ihm dafür ein weiteres Stück Land für eine Ausgleichsmaßnahme entzogen wird. Ich frage mich, wieso verkauft der Bauer das Land, das ihm so wertvoll ist?
In vielen Orten werden Baugebiete am Ortsrand ausgewiesen, bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen werden versiegelt. Große und auch kleine Einkaufszentren werden auf die grüne Wiese gebaut und sind gut nur mit dem Auto zu erreichen. Die Ortskerne veröden immer mehr, leerstehende Geschäfte, aber auch Wohnhäuser sind fast überall in ländlichen Gebieten ein Problem. Wir erfuhren von neuen Wegen, das Problem anzugehen.
- Wolfgang Borst, Bürgermeister der Stadt Hofheim, handelt nach dem Grundsatz, daß Bauvorhaben im Ortskern billiger sein müssen als vergleichbare Bauvorhaben am Ortsrand. Dazu hat die Gemeinde ein kommunal finanziertes Förderprogramm aufgelegt, übernimmt für den Ortskern erste Planungskosten und kümmert sich um die Bauschutt-Entsorgung.
- Die kleine Gemeinde Furth hat Nachhaltigkeit als Leitziel und beschlossen, nicht wachsen zu wollen. Den zentrale Dorfplatz hat die Gemeinde gekauft und bewußt gestaltet. Dort befinden sich jetzt Läden (4 Metzger und 3 Bäcker!), »Wohnen im Alter«, eine Solarfirma, eine Tiefgarage und eine Grünanlage. Der Dorfladen wurde durch ein Preisgeld für nachhaltiges Wirtschaften finanziert. Der ehemalige Raiffeisenturm ist das erste (und einzige) »Further Hochhaus«.
Um aus diesem Kreislauf auszubrechen muß man meines Erachtens die Gewerbesteuer abschaffen, denn sie führt zur fortschreitenden Zersiedelung der Landschaft und zu weiterem Flächenverbrauch. Das offzielle Parteiziel jedoch ist, die Gewerbesteuer auch auf Selbständige auszuweiten. Denn woher das Geld sonst nehmen? Mit meiner abweichenden Ansicht wurde ich eingeladen, doch am Landesarbeitskreis Wirtschaft und Finanzen mitzumachen. Soll ich das auch noch machen?
Dr. Christian Magerl (MdL) berichtete aus dem Strategiebericht 2012 der Bundesregierung zum Thema Nachhaltigkeit: Ziel für das Jahr 2020 ist, den Flächenverbrauch in Deutschland auf 30 Hektar pro Tag zu senken. In Bayern allein werden derzeit 21 Hektar pro Tag verbraucht! Die Ausgleichsmaßnahmen lassen dabei allein flächenmäßig eher an einen Ausgleich von Äpfeln mit Kirschen denken als an Äpfeln mit Äpfeln. Wenn 50 % der verbrauchten Fläche in einem Landkreis ausgeglichen wird, ist das schon viel. Im Landkreis Miesbach wurden laut Zahlen des Bayerischen Umweltministeriums von 1984 bis 2009 nur 7 % der verbrauchten Fläche ausgeglichen! Es heißt, das Landratsamt habe vergessen zu melden ...
Christine von Seckendorff, Leiterin des Referats Bodenschutz und Geologie im Landesamt für Umwelt, kämpft seit Jahren für das Flächensparen und zeigte die eingeschränkten Möglichkeiten ihres Amtes auf. Sie machte auch aufmerksam auf den neuen Landesentwicklungsplan (wird derzeit fortgeschrieben), in dem – hoffentlich – die Leitlinie »Innenentwicklung vor Außenentwicklung« durch konkrete Maßnahmen als Ziel festgesetzt wird.
Ein gewichtiger Grund, warum immer weiter Neubaugebiete ausgewiesen werden, anstatt den Ortskern zu entwickeln ist nach Ansicht der Experten, auch von Claudia Bosse, Landschaftsplanerin in der Regionalentwicklung, die mangelnde Information über innerörtliche Baulücken. Außerdem werden die Folgekosten von neuen Baugebieten oft nicht bedacht. Genau dies aber sollte ein Baustein bei der Entscheidungsfindung in der Bauplanung sein. Dazu gibt es mittlerweile »Infrastruktur-Folgekosten-Rechner«.
Wer in Bayern kann wohl die flächenfressenden Monster zähmen?
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Zu guter Letzt: Unbedingt zeigen möchte ich meinen Lesern den schönen Blick aus dem Maximilianeum über München! |