Dem Bündnis "Beste Gegend" stoßen die jüngsten verkehrspolitisch rückwärtsgewandte Entscheidungen des Gemeinderates und Verkehrsausschusses sauer auf. Das ist im Kern sehr gut so ... Die Grundrichtung der Vorwürfe stimmt! Der Gemeinderat muss mehrheitlich endlich in die Puschen kommen, durch geeignete Maßnahmen dazu beizutragen, den motorisierten Individualverkehr zu verringern. So, wie wir es uns als Gemeinde mit dem integrierten Mobilitätskonzept vorgenommen haben.
Hier der offene Brief im Wortlaut, wie er an den Bürgermeister, die Fraktionsvorsitzenden und die Presse ging.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Fraktionsvorsitzende des Marktgemeinderates,
sehr geehrter Herr Kreder,
Nach dem klaren Votum gegen die beiden Umfahrungen Holzkirchens haben wir von „Beste Gegend“ das Bürgervotum als Auftrag gesehen, uns auch weiterhin für eine Verkehrsentlastung vom motorisierten Individualverkehr in Holzkirchen, Hartpenning und den anderen Ortsteilen einzusetzen.
Wir bieten unsere konstruktive Mitarbeit bei der Weiterentwicklung und Umsetzung aller Maßnahmen an, die zu diesem Ziel führen. Wir stehen weiter in den Startlöchern und warten auf Möglichkeiten zu unterstützen. Bisher ging die Gemeinde lediglich durch das Angebot einer Beteiligung am Runden Tisch „Radlfreundliches Holzkirchen“ ein. Seither sind wir dort vertreten und setzen uns für eine Verbesserung der Situation für Fußgänger und Radfahrer ein.
Oft fühlen wir uns wie bei der Echternacher Springprozession: Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück. Denn allein in diesem Jahr mussten wir in dieser Beziehung leider schon zwei Entscheidungen erleben, die dem Ziel, die Situation für Fußgänger und Radfahrer zu verbessern, in keiner Weise dienen.
Im März stimmte eine Mehrheit von CSU- und FWG-Gemeinderäten gegen den Vorschlag der Gutachter und der Verwaltung, in der Hafnerstraße vier der acht PKW-Parkplätze zu Gunsten des Radverkehrs zu streichen. Stattdessen wurde lediglich die Wegnahme von zwei Parkplätzen entschieden.
Erstaunlich, man beauftragt Gutachter und dann wird doch entgegen aller Gutachten um jeden Parkplatz gekämpft. Und das, obwohl sich in unmittelbarer Nähe eine Tiefgarage befindet. Was soll der Steuerzahler davon halten? Wie passt diese Entscheidung zu einer „Fahrradfreundlichen Kommune“? Wir äußerten unser Unverständnis beim Runden Tisch Rad. In Abwesenheit der Vertreter der CSU und FWG teilten die anwesenden Mitglieder des Runden Tisches einstimmig den Unmut über diese Entscheidung und die Nichteinbeziehung der gemeindlichen Beauftragten im Vorfeld.
Die zweite für uns nicht verständliche Entscheidung fiel vor ein paar Tagen: Da entschied sich der Verkehrsausschuss – wieder mit den Stimmen der CSU und der FWG – mit sehr knapper Mehrheit gegen die Fortführung der Einbahnstraßenregelung zwischen Rathaus und Marktplatz. Bereits diese Maßnahme war ein Kompromiss, denn bei der Planung zum Marktplatz sprachen sich viele Bürger für einen autofreien Marktplatz aus. Diese Entscheidung fiel gegen die Voten des Bürgermeisters und der Verwaltung und gegen die Stimmen der Gemeinderäte der Grünen und der SPD.
Neben diesen beiden für uns unverständlich getroffenen Entscheidungen, warten wir seit Langem immer noch auf die Ergebnisse des „Lärmaktionsplan“, den die Gemeinde in Auftrag gegeben hatte. Untersucht wurden die Tölzer Straße (in Holzkirchen und Großhartpenning) sowie die Miesbacher, Tegernseer, Münchner und Rosenheimer Straße, zudem die Ortsdurchfahrt in Föching. Anfang 2024 sollten erste Ergebnisse vorliegen. Überschreitet der Verkehrslärm bestimmte Werte, kann das auch auf übergeordneten Straßen Tempo 30 oder gar temporäre Lkw-Fahrverbote ermöglichen.
Auch fehlt bereits seit mehr als 12 Monaten eine Antwort auf die noch offenen Punkte des Antrages der SPD-Fraktion, in dem es um mehrere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in und um Großhartpenning und Sufferloh geht, geschweige denn, dass nur eine der beantragten Maßnahmen (z.B. ein zusätzlicher Geschwindigkeitsanzeiger) umgesetzt wurde. Auch auf längst beschlossene Querungshilfen wird in Großhartpenning immer noch gewartet.
Mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids liegt der Ball bei der Gemeinde, den motorisierten Individualverkehr mit geeigneten Maßnahmen zu verringern und für Verkehrsberuhigung ohne die Umgehungsstraßen einzustehen. Wir von „Beste Gegend“ haben den Eindruck, dass eine Mehrheit im Gemeinderat aktuell aber gar nicht gewillt ist, diesen Ball aufzunehmen und auf Änderungen im Bereich des motorisierten Individualverkehrs hinzuarbeiten, wie sie im integrierten Mobilitätskonzept eigentlich vorgesehen sind. Das erfüllt uns mit Sorge.
Wir würden uns freuen, wenn weitere Entscheidungen uns vom Gegenteil überzeugen würden. Gleichzeitig überlegen wir bereits intensiv, wie lange wir noch tatenlos zusehen sollen, bevor wir wieder aktiv werden. Inzwischen gibt es in vielen Orten Beispiele, wie eine gelungene Verkehrswende aussieht. Holzkirchen muss endlich auch aufwachen!
gez.
Fred Langer, Stefan Rank
Sprecher des Bündnisses Beste Gegend
Nachtrag am 27.Juni:
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