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Freitag, 15. März 2013

Schneekanonen-Wettrüsten

Zum Fachgespräch »Wettrüsten in den bayerischen Skigebieten – Auswirkungen von Beschneiungsanlagen auf die Alpen« war ich im Bayerischen Landtag bei Ludwig Hartmann und Claudia Stamm (beide MdL).

Experten wie Prof. Carmen de Jong von der Mountain Centre University of Savoy, Alex Doering vom Bund Naturschutz Bayern und 1977–2012 Förster in Garmisch-Partenkirchen, Dr. Klaus Lintzmeyer vom Verein zum Schutz der Bergwelt sowie unser Grünen-Kreisrat Roland Klebe informierten über die Auswirkungen von Beschneiungsanlagen und über die Pläne am Sudelfeld. Dort soll im Bereich der Landkreise Rosenheim und Miesbach in einem Landschaftsschutzgebiet ein Speicherbecken mit einer Dammhöhe bis zu 38 Meter auf Almflächen gebaut werden.

Unter den Gästen waren neben Vertretern von NGOs und Lokalpolitikern aus den Alpenlandkreisen auch interessierte Bürger und der Tourismus-Chef der Gemeinde Bayrischzell, Harald Gmeiner. Ihm ist hoch anzurechnen, daß er sich gewissermaßen in die Höhle des Löwen wagte. Wir hatten viele Fragen an ihn, zu einem wirklichen Gespräch kam es allerdings leider nicht. Doch ich habe Interessantes erfahren.

Kurz zusammengefaßt: Es ist ein Unsinn, bei einem »regendominierten System« wie dem Sudelfeld auf Schneekanonen zu setzen, die Ausbeute an Kunstschnee wird gering sein. Der Wasserverbrauch ist horrend, es gibt wohl keinen »Projektionsplan für Wasser«, den ich fordere (mehr dazu später). Das Wasser für die Schneekanonen muß, je nach Herkunft, gekühlt werden. Zusätzlich müssen die Kanonen aber beheizt werden, sonst frieren sie ein. Für die Produktion von 1 m³ Kunstschnee werden durchschnittlich 5 kWh Energie verbraucht (man benötigt mindestens 3 m³ Kunstschnee für 10 m² Pistenfläche). Mit einem vernünftigen Energiemanagement hat das nichts zu tun! So sieht die Energiewende im Landkreis bisher aus: Mit viel Zeit und Geld ein Klimaschutzkonzept erarbeiten, auf Autarkie bis 2030 setzen – und Schneekanonen bauen (von einem veralteten Verkehrskonzept mit jeder Menge Umgehungsstraßen ganz zu schweigen). Und auch noch argumentieren, daß das ökologisch sei, weil man dann nicht mehr mit dem Auto nach Österreich fahren muß ... Klimaschutz und Energiewende werden hier zum Feigenblatt.

Nach Aussage von Herrn Gmeiner möchte Bayrischzell vor allem die Lifte modernisieren. Um die Schneekanonen gehe es gar nicht – die würden nur von der Bank gefordert, damit sich die Sache lohne.
Ist das so? Dann, liebe Bankleute: Durch die Schneekanonen wird die Modernisierung ja erst richtig teuer! Und damit kann derzeit pro Saison drei bis vier Wochen länger Ski fahren – in den Hochalpen. Wenn es kalt genug ist. Da sollte man doch noch mal nachrechnen!

Der Reihe nach: Prof. Carmen de Jong sprach über den Wasserhaushalt in den Alpen und dessen Beeinträchtigung durch die künstliche Beschneiung. Ein wichtiger Aspekt, häufig vernachlässigt. Es gibt Gegenden in den französischen Alpen, in denen im Winter das Wasser – auch das Trinkwasser! – in Tankwagen angeliefert werden muß. Daß Wasser aus anderen Einzugsgebieten über mehr als 20 km und bis zu 1000 Höhenmeter herangepumpt werden muß, das ist praktisch schon Standard. Die Produktion von Kunstschnee verbraucht so viel Wasser, daß es für die Bewohner und für die Touristen nicht langt. Daraus folgt für mich: ein »Projektionsplan für Wasser« bei der Konzipierung von Beschneiungsanlagen muß Pflicht werden. Damit meine ich nicht nur eine Planung »wieviel Wasser ist im Speicherbecken und wieviel Restwasser muß der Bach noch führen, der angezapft wird« sondern auch das Berechnen von Szenarios: Was tun, wenn das Speicherbecken bis zum Winter nicht voll wird, weil es zu wenig regnet? Was tun, wenn der Bach zu wenig Wasser führt?  Also worst-case und bad-case, best-case und good-case vorher berechnen (so, wie es bei der Holzkirchner Geothermie ja auch gemacht werden mußte). Die logische Antwort auf Wassermangel wäre: Nicht mehr beschneien. Naja – in anderen Skigebieten, auch in Bayern, zapft man dann halt das Grundwasser bzw. die Trinkwasserversorgung an. Oder pumpt das Wasser von weit her.
Die Bilder, die Alex Doering vom Aufrüsten in Garmisch-Partenkirchen zeigte, sollte man gesehen haben. Großbaustellen in den Bergen – und auch im Sommer ist immer irgendwo ein Bagger unterwegs um zu reparieren. Rohrbrüche, Rinnen ausbaggern bzw. glätten usw.

Zur Geschichte des Sudelfeld-Skigebietes gab es eine schöne Zusammenfassung von Dr. Klaus Lintzmeyer. Er konnte gut zeigen, daß das Areal, in dem das Speicherbecken entstehen soll, ganz klar im Landschaftsschutzgebiet »Oberstes Leitzachtal« liegt. Zur Erinnerung: Besagtes Gebiet befand sich früher im Landkreis Rosenheim (Landschaftsschutzgebiet »Auerbach«), in der Gebietsreform kam es zum Landkreis Miesbach, der dort auch ein LSG ausgewiesen hat. Durch die »Adoption« des Areals, so die Argumentation des Landrats, habe es aber den Landschaftsschutz verloren. Die Karte, die das Gegenteil beweist, ist im Landratsamt nicht auffindbar! Nun gibt es aber andere Karten, in denen besagtes Areal als LSG gekennzeichnet ist, z. B. die Karte des Arten- und Biotopschutzprogramms des Landkreises von 2005. Gegen die Darstellung als LSG hat damals weder das Landratsamt noch die Gemeinde Bayrischzell etwas eingewendet.

Mehr Informationen zu diesem interessanten Fachgespräch gern auf Anfrage. Hier zum Bericht von Ludwig Hartmann mit den Unterlagen der Referenten.

Zur Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Bayerischen Landtag: Ludwig Hartmann und Claudia Stamm.

Alle Posts zum Sudelfeld und Landschaftsschutzgebiet.
Alle Posts zum Landkreis und zum Klimaschutzkonzept.

Die Gemeinde Bayrischzell ist mittlerweile auch Teilhaber der »Bergbahnen Sudelfeld GmbH«, siehe Artikel im Miesbacher Merkur.

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