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Mittwoch, 20. Juli 2016

Kreistag: Antrag von CSU und FWG zum Landschaftsschutz. Kein Schuft, der Böses dabei denkt!

CSU und FWG haben im Kreistag einen gemeinsamen Antrag zum künftigen Umgang mit Landschaftsschutzgebieten gestellt.

Eine Arbeitsgruppe solle nachvollziehbare Kriterien und Regel erarbeiten, nach denen die Herausnahme von Flächen aus den Landschaftsschutzgebieten (LSG) künftig erfolgen soll.
Soweit, (noch) so gut.

In der Antragsbegründung aber wird ausgeführt, dass die Ausweisung der Landschaftsschutzgebiete in den 50er Jahren unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgt sei, die Südkommunen des Landkreises in ihrer Entwicklung behindert seien, die Landschaftsschutzgebietsverordnungen (LSGVO) nicht mehr recht in die Zeit passten ...
So weit, so schlecht.

Denn wie bitte soll man das anders interpretieren, als dass mit diesem Antrag nach Mitteln und Wegen gesucht werden soll, Herausnahmen aus den LSG noch weiter zu vereinfachen?

Eine Notwendigkeit für eine weitere Vereinfachung gibt es objektiv nicht.
Die nüchternen Zahlen belegen: Von insgesamt 35 Anträgen wurden nur zwei Anträge vom Kreistag abgelehnt. Letzteres scheint in entsprechenden Kreisen allerdings allein schon Anlass zur Beunruhigung zu geben.

Wir sahen den Kreistag eigentlich auf einem guten Weg. Endlich wurde in der Sache zum konkreten Einzelfall diskutiert. Über die Fraktionen hinweg. Viele Flächen wurden auch in den letzten beiden Jahren zur Bebauung freigegeben, aber unter Führung von Landrat Wolfgang Rzehak eben erstmals auch zweimal eine Herausnahme vom Kreistag mehrheitlich abgelehnt.

Unser Fraktionsmitglied Harda von Poser brachte es gut auf den Punkt:
»Ich verstehe gar nicht, was Ihr wollt. Ist doch insgesamt gut gelaufen für Euch. Wo liegt eigentlich das Problem?«

Als Bündnis 90/Die Grünen waren wir uns sehr schnell einig:
Wir lehnen den Antrag von CSU und FWG mit der verblüffend eindeutig formulierten Zielsetzung einer Schwächung des Landschaftsschutzes geschlossen ab.

Hier der Redebeitrag von Kreisrat Robert Wiechmann, der für die Fraktion sprach:
(Abweichungen möglich)
»Das Positive zuerst.
Wir bedanken uns als Fraktion bei den Initiatoren des Antrags für die Vorabinformation und die Möglichkeit an dem Antrag ggf. sogar mitzuwirken. Das ist guter Stil, den die Genossen mit ihrem kurzfristigen Änderungsantrag übrigens leider nicht gewahrt haben – was die Dinge auch nicht gerade vereinfacht. Wir möchten diesen Stil, bei allen Unterschieden in der Sache, sehr gerne weiterpflegen und werden unseren Beitrag dazu leisten. 
Meine Damen und Herren, den Antrag der CSU und der Freien Wähler lehnen wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geschlossen uns sehr bestimmt ab.
Im Wesentlichen gibt es dafür drei inhaltliche und rechtliche Gründe, die ich kurz erläutern darf.
  1. Nichts gegen die Einrichtung von Arbeitskreisen. Aber wenn die Zielsetzung schon nicht stimmt, dann darf man auch nicht für den Arbeitskreis sein.
    Und die formulierte Zielsetzung stimmt hier ganz und gar nicht.
    Der Antrag wird allen Ernstes damit begründet, dass unsere LSG eine zu starke Beschränkung für die Entwicklung der Südkommunen im Landkreis Miesbach sei. Diese Beschränkungen passten nicht in die Zeit. Der Antrag ist insofern erstaunlich, als dass dieses Haus in vielen Jahrzehnten nur bei zwei (!) Flächen die Herausnahme aus einem LSG verweigert hat – und zwar in dieser Wahlperiode …
    Wir Grüne wähnten uns eigentlich auf einem guten Weg. Endlich an der Sache orientierte Einzelfallentscheidungen. Wer diese Entwicklung problematisieren möchte, der soll doch bitte konsequent sein und gleich die Abschaffung der LSG fordern. Das wäre ehrlicher.
    Wir meinen: Landschaftsschutz über Landschaftsschutzgebietsverordnungen passt besser in die Zeit denn je.
  2. Der formale Aspekt: Es geht aus dem Antrag leider nicht hervor, in was denn die Arbeit des Arbeitskreises eigentlich konkret münden soll. In eine Selbstverpflichtung, jeweils so oder so entscheiden zu müssen? Das wäre bei vergleichsweise hohem Aufwand doch kaum sinnvoll. Denn: An einer Abstimmung im Kreistag ginge ja auch künftig kein Weg vorbei, es sei denn man schaffte die Landschaftsschutzgebietsverordnungen ab. Und damit bleibt es immer dem einzelnen Kreisrat überlassen, wie er entscheidet. Ein möglicher Kriterienkatalog änderte daran nichts.
  3. Das wichtigste Argument zum Schluss.
    Der Antrag widerspricht dem Wesen und dem Sinn von Landschaftsschutzgebieten.
    Gesetzlich geschützte Biotope nach Art. 30, streng geschützte Arten, Naturschutz- oder FFH-Gebiete sind nach eindeutigen Parametern/Kriterien definiert und in einen festen rechtlichen Rahmen gegossen, aus dem niemand mehr so leicht aus kann.
    Bei LSGs mit vergleichsweise geringem Schutzstatus ist das ausdrücklich nicht der Fall. Als Schutzzweck kann hier allein schon die Schönheit der Landschaft oder deren Bedeutung für die Erholung dienen. »Schönheit unserer Landschaft« – wollen Sie die wirklich normieren?
    Im LSG müssen also gerade keine festen Kriterien erfüllt werden, muss kein Uhu in der Felsnische sitzen, kein Rotmilan seine Kreise ziehen, keine Schlingnatter im Gebüsch ihr Unwesen treiben, kein grüner Frosch die Straße queren. LSGs können vergleichsweise sehr unbürokratisch (»Schönheit der Landschaft!«) und – Verzeihung – recht grob festgelegt werden. Dafür können Flächen auch ebenso unbürokratisch wieder herausgenommen werden.
Die Entscheidung der Herausnahme von Flächen bleibt aber im Falle des Landschaftsschutzgebiets gerade aufgrund des systemimmanenten Fehlens eindeutiger Voraussetzungen immer eine Einzelfallentscheidung.
Daran kann kein Arbeitskreis etwas ändern. Und das ist gut so. 
Nutzen wir die LSGV intelligent, nutzen wir die Spielräume die wir als Kreistag haben und stellen wir nicht die Freiheit dieses Gremiums in Frage. Genau das tut nämlich dieser Antrag.
Ich schließe mit einem Zitat eines bekannten Forstmannes zum Umgang mit unseren Wäldern, der mir im Zusammenhang mit diesem Antrag gut zu passen scheint: 
»Schema und Schablone schmieden uns Ketten und töten den Geist«. 
(Kurt Rebel) 
In diesem Sinne bitte ich Sie darum - egal welcher Partei, welcher Fraktion Sie angehören -  diesem Antrag nicht zuzustimmen. Er ist nicht ansatzweise zu Ende gedacht. Vielen Dank!«

Die Abstimmung endete nach langer Diskussion 31 : 26 leider für eine »Bildung einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Kriterien und Regeln zur Herausnahme von Flächen aus Landschaftsschutzgebieten im Landkreis Miesbach«.

Den Antrag und die Zusammenfassung der Verwaltung finden Sie auf der Website des Landratsamts im pdf »Alle Sitzungsunterlagen zur Kreistagssitzung am 20. Juli«, von Seite 19 bis 24.

Ein erster Bericht im Miesbacher Merkur.
Bericht in der Tegernseer Stimme.

Nachtrag am 22.7. 
Ausführlicher Bericht vom Miesbacher Merkur
Kommentar von Stephen Hank, Miesbacher Merkur.

Nachtrag am 23.7. 
»Gelbes Blatt«, 23. Juli 2016.