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Sonntag, 9. April 2017

SPD-Antrag ohne Chance

Die - mittlerweile längst zurückgenommene - Kündigung einer Caritas-Hortleiterin im Jahr 2015  hatte nicht nur in Holzkirchen hohe Wellen geschlagen. Der Kündigungsgrund lag in dem Eingehen einer "eingetragenen Lebenspartnerschaft", vulgo der Heirat eines gleichgeschlechtlichen Partners.

Anlass für die SPD-Gemeinderatsfraktion einen Antrag zu stellen. Der Erstantrag war so schlecht formuliert, dass er nach kurzer Beratung zurückgenommen wurde. Nun also eine zweite Version mit dem Ziel, künftig eine vergleichbare Diskriminierung zu verhindern.

Vorbemerkung
Erfolgreiche Kommunalpolitik läuft in den seltesten Fällen über Anträge der Fraktionen. Sie sind aber ein legitimes Mittel, um Positionen der Parteien in der Öffentlichkeit zu verdeutlichen. Denn der Wähler will ja auch wissen, wer eigentlich für was steht.

Der Antrag
Die SPD fordert in ihrem Antrag, dass die freien Träger, die durch die Marktgemeinde direkt oder indirekt finanziell unterstützt werden, künftig folgendem Grundsatz verpflichtet sein sollten:

"Der Träger verpflichtet sich, keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen ihres Familienstandes bzw. dessen Wechsel, wegen ihrer sexuellen Orientierung oder wegen ihrer Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft zu diskriminieren oder zu kündigen".

Gleichbehandlungsgrundsatz
Grundlage für ihren Antrag sah die SPD in Art. 3, Abs. 3 Grundgesetz (GG):
"Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Das klingt gut, das ist gut, wer wollte da dagegen sein? Wir Grüne bestimmt nicht.

Ganz konkret verstehen wir z.B. nicht ansatzweise, wie im Jahr 2017 das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft als ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß gegenüber dem kirchlichen Arbeitgeber definiert werden kann. So bis heute festgelegt in der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes".

Das Problem 
Unser Grundgesetz hat sich ausgezeichnet bewährt. Es definiert die einzig verbindliche "Leitkultur" in unserem Staat. Ein leichtfertiges Infragestellen des Grundgesetzes kommt für uns Grüne nicht in Frage. Das tun andere. Weltweit werden von Populisten derzeit allerorten auch bislang scheinbar selbstverständliche Rechtsgrundsätze aller Art negiert, für überflüssig erklärt, ins Gegenteil verkehrt.

Das macht Angst, dagegen muss man angehen. Auf allen Ebenen. Bürgerpflicht!

Es gehört daher auch zur Wahrheit anzuerkennen, dass ausgerechnet das Grundgesetz Religionsgemeinschaften ein Selbstbestimmungsrecht einräumt, das ihnen erlaubt, vom allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz abzuweichen.  Dieses u.a. über Art. 140 GG verbriefte Recht einzuschränken zu wollen, wäre also verfassungswidrig. Das mag man seltsam, paradox oder teilweise gar problematisch finden, wie wir. Rechtliche Grauzonen gibt es in dieser Frage, entgegen den Ausführungen von Thomas Hünerfauth, aber nicht.

Daher war der Antrag der SPD vielleicht gut gemeint, aber nicht wirklich durchdacht und auch sehr schlecht begründet, wenn Thomas Hünerfauth in seinen Ausführungen z.B. selbst darauf hinwies, dass der Antrag wohl rechtswidrig sei, man es um der guten Sache Willen aber eben trotzdem probiere. Hallo?! Wir sind nicht irgendein Debattierclub von Holzkirchen oder ein internes Kirchengremium, sondern der gewählte Marktgemeinderat, der zwingend an allgemein geltendes Recht und Gesetz gebunden ist. Man stelle sich einmal auf andere Wirkungsbereiche der Gemeinde übertragen vor, letzteres wäre nicht so.

Die Lösung
Manchmal hilft es ja, eine Gang zurückzuschalten. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften wird zumindest etwas verständlicher, wenn man einmal überlegt, ob denn ein kirchlicher Träger wohl das Recht hätte, von seinen Mitarbeitern einzufordern, mit den anvertrauten Kindern christliche Feiern wie das Weihnachtsfest, Ostern oder Pfingsten zu begehen. Das wird wohl niemand verneinen, wiewohl auch das formal einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgrundsatz darstellte. Ein Zeuge Jehova feiert kein Weihnachtsfest, darf es nicht feiern.

Die beste Voraussetzung dafür, niemanden zu diskriminieren oder diskriminieren zu helfen, ist auf der Wirkungsebene des Marktgemeinderats nach unserer Auffassung die Schaffung von Vielfalt. Vielfalt durch ein möglichst breit gefächertes Angebot verschiedenster Träger. Dafür setzen wir uns als Bündnis 90/Die Grünen regelmäßig ein. Für die Arbeitnehmer, für die Eltern. Und für diejenigen, um die es uns wirklich gehen sollte: Die Kinder.

Diese Vielfalt gibt es in Holzkirchen. Ein größeres Angebot, eine größere Auswahl, wird man in einer Gemeinde vergleichbarer Größe kaum finden. Das ist Ausfluss konkreter Kommunalpolitik!

Der Antrag fand außerhalb der Reihen der SPD schließlich keinerlei Unterstützung. Alles andere wäre nicht etwa "mutig" gewesen, wie von Frau Kadach vom Merkur kommentiert, sondern schlicht nicht verfassungskonform.