Den Rahmen für das Handeln der Gemeinde legt der Marktgemeinderat alljährlich mit einer Haushaltssatzung und einem Haushaltsplan fest. Den Haushaltsplan zu erstellen bedarf es umfangreicher Vorbereitungen, v.a. seitens der Verwaltung. Die Gemeinderäte und Fraktionen diskutieren in vorbereitenden Sitzungen und einer eigenen samstäglichen Haushaltsklausur: Über die Ein- und Ausgabenpositionen der Gemeinde bis hin zu der Höhe der Zuschüsse für die Vereine und Verbände. Der eigentliche Beschluss erfolgte diesmal in der Marktgemeinderatssitzung vom 27.04. 2022.
Lesen Sie die Haushaltsrede von Fraktionssprecher Robert Wiechmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ... (es gilt das gesprochene Wort).
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Entscheidungsprozess
Als erstes, wie nun schon seit einigen Jahren, Dank an unseren Kämmerer, die Gemeindeverwaltung und den Bürgermeister für den Prozess der Vorbereitung. Die Vorbesprechung mit den Fraktionssprechern und eine eigene vorgeschaltete nichtöffentliche Klausur ermöglichen nicht etwa Geheimabsprachen hinter verschlossenen Türen, sondern im Gegenteil intensive Diskussionen und echte Mitwirkung der Fraktionen. Für die Presse mag der Tag der Beschlussfassung heute eher langweilig, wie eine ZK Sitzung in China erscheinen. Uns Gemeinderäte ermöglicht das Vorgehen im Vorfeld echte Gestaltungsspielräume die wir auch genutzt haben. So werden wir unserer Aufgabe als gewählte Entscheidungsträger gerecht.
Haushaltsvolumen
Wir entscheiden heute über einen Haushalt von knapp 55 Mio. Die Öffentlichkeit scheint das nicht groß zu interessieren. Wir werten das als Vertrauen in unsere repräsentative Demokratie.
Der Kämmerer hat den Plan diesmal sehr frühzeitig vorlegt. Das wurde das letzte Mal von allen Fraktionen eingefordert, dem wurde Rechnung getragen. Das ist gut so. Planungen sind in die Zukunft gerichtet. Wir Grüne können gut damit umgehen, dass sich bei frühzeitig Planung in der Realität dann auch größere Abweichungen ergeben werden.
Der Haushalt 2022 ist ein ehrlicher Haushalt. Er wurde von Positionen entschlackt, die sowieso nicht umgesetzt werden (können). Das ist doch gut so.
Gemeindliche Grundstücksverkäufe
Der Haushalt 2022 ein guter Haushalt, weil er nicht durch den Verkauf von Grundstücken und Flächenverbrauch geprägt wird. Nur 1% der Einnahmen im Vermögenshaushalt stammen aus Grundstücksverkäufen. Wir weisen kein neues Industrie- oder Wohngebiet aus, nur um Einnahmen zu generieren. Das ist aus Sicht von uns Grünen gut so, das war auch schon anders. Denn diese Einnahmen müsste später teuer bezahlt werden. Wachstum kostet.
Bäume wachsen auch in Holzkirchen nicht in den Himmel
Holzkirchen ist eine wohlhabende Gemeinde. Wer sich in der Kameralistik auskennt weiß, dass man das nicht allein am Haushalt festmachen kann. Die meisten Gemeinden im Landkreis würden aber gerne einen solchen Haushalt ausweisen, wie wir das heute tun werden. Dieser Haushalt darf nicht schlechtgeredet werden, nur weil sehr, sehr deutlich wird, dass auch in Holzkirchen die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Wir können als Grüne damit umgehen, da wir die Zweifel an immerwährendem Wachstum ja in unserer DNA haben.
Erhöhung der Gewerbesteuer
Die vorgesehen leichte Erhöhung der Gewerbesteuer auf 320% Punkte tragen wir Grüne mit. Wir liegen damit immer noch im untersten Bereich und das in einer Zeit, in der gleichzeitig sehr viele große Pflichtaufgaben zu stemmen sind. Sie dient der Stabilisierung der Gewerbesteuereinnahmen.
Kreisumlage
Wir Grüne halten in aller Regel nichts davon, die Höhe der Kreisumlage zu bejammern. Kreis und Gemeinde(n) sind beide Mitglieder der Kommunalfamilie. Dass aber Holzkirchen allein fast ein Viertel der von 17 Gemeinden erbrachten Kreisumlage stemmt und mit 18 Mio Euro praktisch die gesamten Gewerbesteuereinnahmen an den Kreis abliefert, das ist schon „ein Wort“ und verursacht natürlich Probleme. Wir werden das als Grüne Kreisräte - die CSU Holzkirchen hat ja leider keine - im Kreistag deutlich zur Sprache bringen.
Chaos auf dem Bausektor
Das finanztechnische Grundproblem nicht nur dieses Haushalts sondern der nächsten Jahre ist aber die Tatsache, dass wir mit der Auslagerung des Bauhofes, dem Neubau einer neuen Kindertagestätte und v.a. dem Neubau der Mittelschule die höchsten Investitionen der Gemeinde seit langem mitten in einen völlig gestörten Markt, in eine Hochpreisphase investieren müssen. Eine Quittung auch für unser Wachstum. Der Freistaat hält sich in diesem Chaos schön bedeckt und deckelt die staatlichen Zuwendungen auf Pauschalen. Die aktuellen Preissteigerungen gehen also rein zu Lasten der Kommunen.
Die öffentliche Hand fährt mit ihren Ausschreibungen immer dann sehr gut, wenn sie sich antizyklisch verhält. Das können wir leider nur sehr begrenzt. Als Grüne schlagen wir aber vor, Ausschreibungen im Zweifelsfall aufzuheben, ggf. auch Maßnahmen zu verschieben. Wir müssen als öffentliche Hand nicht auch noch Öl ins Feuer gießen. Qualitätsabstriche in Sachen Energiewende, Klimaschutz, und Baubiologie sind dagegen nicht unser Weg.
Risiken - zum Teil selbstverschuldet
Der Haushalt enthält allein aufgrund der hohen Investitionssummen im Baubereich große Risiken. Jeder der Zeitung liest, weiß was im Bausektor derzeit los ist. Dafür können wir als Gemeinde nichts. Höchst bedauerlich aus Sicht von uns Grünen ist aber, dass der Gemeinderat diese Risiken durch Mehrheits-Entscheidungen in jüngster Zeit noch verschärft hat. So haben wir leider mit der Holzkirchner Holzbautradition der letzten 10 Jahre gebrochen. Und trotz mahnender Stimmen mehrheitlich z.B. dafür gestimmt, die Mittelschule nur in „Hybridbauweise-light“, also ganz überwiegend in Stahlbetonweise zu bauen. Die uns vorgelegten Kalkulationen sind aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Stahlbeton um einen der energieintensivsten Baustoffe überhaupt handelt, natürlich heute schon Makulatur. Gleiches gilt für das Stahl-Tragwerk im Bauhof. Wir Grüne sind sicher, dass wir in diesem Gemeinderat künftig wieder sehr viel mehr über Holzbau sprechen werden. Nicht nur aus Klimaschutz-, sondern auch aus Kostengründen.
Zustimmung
Wir stimmen diesem Haushalt zu, auch weil wir wissen, dass er letztlich sehr konservativ gerechnet ist. Die großen Investitionen sind abgebildet, auch die Umsetzung vieler Maßnahmen aus dem Ortsentwicklungs- und Mobilitätskonzept, der Geh- und Radweg Otterfing, die Querverbindung unter der Bahn ins Industriegebiet, die Mehrung kommunalen Wohnraums, …
Ehrlichkeit gefordert
In der Presse findet die Diskussion um Eissport- bzw. Eventhallen immer noch großen Raum. Wir Grüne finden, dass es Zeit ist, dass sich alle Fraktionen öffentlich ehrlich machen. Mit unserer realen Finanzsituation sind diese Diskussionen nicht in Einklang zu bringen. Die Gemeinde ist keine Eventagentur, sie hat enorme Pflichtaufgaben vor der Brust. Die zu bewältigen wird auf absehbare Zeit schwierig genug.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.