Manche Kommunalpolitiker vermitteln zur Frage, wer in einer Gemeinde die politische Richtung vorgibt, ein Bild, das mit der Realität wenig zu tun hat.
Grund genug, einen Blick in die Gemeindeordnung (GO) und unsere gemeindliche Geschäftsordnung zu werfen ....
Bürgermeister trifft keine wesentlichen politischen Entscheidungen
Der erste Bürgermeister hat sehr wichtige Aufgaben zu erledigen. Er vertritt die Gemeinde nach außen und ist das Bindeglied zwischen Gemeindeverwaltung und Gemeinderat. Er führt die Gemeindeverwaltung und steht dem Marktgemeinderat vor. Er hat die Beschlüsse des Gemeinderats zu vollziehen. In eigener Zuständigkeit erledigt er nach Art. 37 GO »die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben«.
Eigenständige politische Entscheidungen von Bedeutung trifft ein erster Bürgermeister also ausdrücklich nicht. Er hat auch keine »Richtlinienkompetenz«, wie jüngst vom Fraktionssprecher der CSU in einem Zeitungsinterview behauptet.
Entscheidungsgremium Gemeinderat
Das Entscheidungsgremium ist der Marktgemeinderat. Jedes seiner Mitglieder kann sich in Holzkirchen als ein 25tel der »Gemeinderegierung« betrachten.
Auf kommunaler Ebene gibt es weder Regierung noch Opposition. Das gilt besonders dann, wenn – wie in Holzkirchen – keine der Fraktionen über eine eigene Mehrheit im Rat verfügt.
»Marktgemeinderatsmitglieder üben ihre Tätigkeit nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung aus und sind an Aufträge nicht gebunden.« So steht es in unserer Geschäftsordnung. Zusammenarbeit ist angesagt. Ein Umfeld, in dem wir Grüne sehr gut zurechtkommen. Eigentlich.
Antragsrecht
Ein wichtiges Recht jeder Fraktion, jedes einzelnen Gemeinderatsmitglieds, ist das Antragsrecht. In der letzten Wahlperiode wurde davon eher nur in sehr bemessenen Umfang Gebrauch gemacht. Was daran gelegen sein dürfte, dass der damalige Bürgermeister einen eher konsensualen Stil gepflegt hat, man über Parteigrenzen hinweg viel miteinander geredet und schon im Vorfeld Gemeinsamkeiten gesucht hat.
In einer der jüngsten Gemeinderatssitzungen kam es zu einer Grundsatzdebatte, wie es denn nun in dieser Wahlperiode um das Antragswesen bestellt ist.
Geschäftsordnung wird nicht eingehalten
Von allen Fraktionen – mit Ausnahme der CSU-Fraktion – wurde bemängelt, dass die Anträge nicht fristgerecht abgehandelt werden. Dazu gibt es sehr klare Regelungen in unserer Geschäftsordnung. Nach § 22 und § 24 müssen Anträge nach allerspätestens 3 Monaten im Rat behandelt werden, eigentlich sogar im Rahmen der jeweils nächsten Sitzung:
Ȥ 22 Tagesordnung
Der erste Bürgermeister setzt die Tagesordnung fest. Rechtzeitig eingegangene Anträge von Marktgemeinderatsmitgliedern setzt der erste Bürgermeister möglichst auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung. Ist das nicht möglich, sind die Anträge in jedem Fall innerhalb von drei Monaten auf die Tagesordnung einer Marktgemeinderatssitzung zu setzen. Eine materielle Vorprüfung findet nicht statt.«
Das alles ist auch gut so. Ein Antrag hat zumeist einen aktuellen Bezug. Weder dem Bürgermeister noch die Verwaltung steht es zu, von den genannten Fristen abzuweichen. Denn das beschnitte den Gemeinderäten ihr vornehmstes Recht. Genau das aber passiert seit Beginn dieser Periode. So wurde unser Prüf-Antrag für eine verbesserte Busverbindung zwischen Holzkirchen Bahnhof – Großhartpenning – Sachsenkam, der im Dezember hochaktuell war, erst in der Juni-Sitzung behandelt. Andere Fraktionen warten teilweise noch länger ... alleine durch Zeitablauf wirken einige Anträge dann zwangsläufig wie aus der Zeit gefallen. Zu Lasten der Antragssteller.
Als Begründung wurde genannt, dass die Gemeindeverwaltung jeweils erst genügend Informationen aufbereiten müsse, damit die jeweiligen Anträge auch sachgerecht behandelt werden könnten. Das klingt zunächst nachvollziehbar, entspricht aber auch nicht unserer Geschäftsordnung. Und wertet den Gemeinderat ab. Denn Räte wissen gemeinhin, was sie tun.
Materielle Vorprüfung weder notwendig noch zulässig
Nach § 22 unserer Geschäftsordnung dürfen die Anträge gar nicht »materiell« – also inhaltlich – vorgeprüft werden. Auch das ist richtig so. Ansonsten könnte eine Fraktion oder ein einzelner Gemeinderat eine Verwaltung mit Anträgen lahmlegen, ohne dass diese Anträge überhaupt schon abgestimmt wären.
Es ist Sache der Antragssteller, den Antrag so gut vorzubereiten, dass sich eine Mehrheit im Rat findet. Das diszipliniert. Undurchdachte Anträge haben so keine Chance.
Eine über die rechtliche Zulässigkeit hinausgehende Vorprüfung und Wertung duch die Verwaltung oder den Bürgermeister ist also aus sehr guten Gründen nicht vorgesehen. Auch keine Verbesserungen eines unglücklichen Antragstextes, wie auch schon geschehen.
Ganz schlecht auch das Argument des Bürgermeisters, wenn er betont, dass sich ja der ein oder andere Antrag schon durch Abarbeitung erübrigt habe. Ein Antrag muss abgestimmt werden, es sei denn der Antragssteller zieht ihn zurück.
Das alles klingt sehr formal. Für die komplexe Arbeit eines Gemeinderatses bedarf es aber klarer Regeln. Die haben wir mit der Gemeindeordnung und unserer gemeindlichen Geschäftsordnung. Daran müssen sich alle halten, davon darf niemand einfach abweichen.
Weil ansonsten demokratische Rechte auf unzulässige Weise beschnitten werden.
Wir Grüne bleiben dran.
Geschäftsordnung der Marktgemeinde Holzkirchen