Dienstag, 26. Oktober 2021

Mittelschule und Bauhof: Chance für mehr Klimaschutz vertan, Teil II

Wir Grüne sagten zu den anstehenden großen Neubauprojekten der Gemeinde (Mittelschule, Bauhof, Kommunaler Wohnungsbau) vor der Kommunalwahl: »Wir stehen für ökologische Umsetzung. Flächensparend, wie beim Neubau der Schule am bisherigen Standort. Innovativ bei Energie und Klimaschutz. Gut für die Menschen, die hier arbeiten und leben.« 

Die Mehrheit des Marktgemeinderats will es leider anders. Ausgerechnet jetzt, da sich Europa, Deutschland und Bayern ambitionierte Klimaziele mit einer Klimaneutralität bis 2050 (Europa), bis 2045 (Deutschland) und 2040 (Bayern) gesetzt haben, wurde diese gute Tradition aufgegeben.

Am 12. Oktober 2021 standen zwei große gemeindliche Neubauten zur finalen Abstimmung im Marktgemeinderat: Die Neubauten von Bauhof und Mittelschule. Dabei ging es jeweils auch um die Bauweise. Zur Baustoffentscheidung für das Tragwerk des Bauhofs siehe Teil 1. Hier nun zur Bauweise der Mittelschule.

Welche Baustoffe werden verwendet: Zwei Varianten zur Auswahl

Durch die Anregung unserer Gemeinderätin Anita Gritschneder hatte der Marktgemeinderat bei der neuen Mittelschule die Wahl zwischen einem Holz-Hybrid-Bau und einem „reinen“ Holzbau (sonst wäre nur ein Holz-Hybrid-Bau zur Abstimmung gestanden).

Holz-Hybrid bedeutet im konkreten Fall, dass lediglich die Außenwände aus Holz gebaut werden, alles andere in Beton-Stahl-Konstruktion. Beim „reinen“ Holzbau wird hingegen lediglich für einige Wände (z.B. Treppenhaus, Aufzugsschacht) und das Erdgeschoss Beton und Stahl verwendet – für den Rest wird der heimische Rohstoff Holz benutzt.

Beide Bauweisen sind technisch möglich, das haben uns die Architekten versichert. Der Marktgemeinderat entscheidet.

Klimafreundlich bauen mit Holz

Die Vorteile von Holz liegen auf der Hand: es ist nachwachsend, regional vorhanden und bindet beim Wachsen CO2 aus der Luft. Es ist damit wirklich ökologisch und vor allem nachhaltig für die kommenden Generationen.

Beton hingegen besteht vorwiegend aus Sand und Kies, die regional nur begrenzt vorhanden sind und daher oft von weit her importiert werden. Auch die für Stahl benötigten Rohstoffe sind nicht regenerativ und nicht regional, die Herstellung verschlingt Tonnen an CO2.

Regionaler Baustoff Holz: Die Pluspunkte

  • Holz wächst nach. Bei uns, auf 50% der Landkreisfläche.
  • Die Bewirtschaftung unserer heimischen Wälder schafft Wertschöpfung vor Ort. Unsere heimischen Betriebe sind zu einem hohen Grad auf Holzbau spezialisiert.
  • Das Geld wird in der heimischen Wirtschaft ausgegeben und nicht für Stahl, der mit Kohlekraftwerken produziert wird.
  • In jedem Kubikmeter verbauten Holzes ist auf die Lebensdauer des Gebäudes ein ganze Tonne CO2gebunden und damit der Atmosphäre entzogen – ein echtes Plus in Sachen Klimaschutz!
  • Die Produktion des Rohstoffes Holz erfolgt mit vergleichsweise sehr geringem Energieeinsatz.
  • Die Weiterverarbeitung zum Baustoff erfolgt regional mit relativ kurzen Transportwegen. Die größten und modernsten Sägewerke Mitteleuropas befinden sich in Tirol.

Wir haben als Gemeinde zahlreiche positive Erfahrungen mit Holzbauten gemacht: U.a. bei den Kitas „Kleine Strolche“, „Frühlingsdorf“, „Kinderland“, bei dem Verwaltungsbau der Gemeindewerke, der Maschinenhalle der Geothermie. Sowohl beim Bau waren die Verantwortlichen höchst zufrieden mit dem Baustoff Holz als auch jetzt die Nutzer*innen dieser Gebäude. Auch im Landkreis setzt man auf Holz: Der unter Landrat Wolfgang Rzehak (Bündnis 90/Die Grünen) beschlossene An- und Umbau der Anton-Weilmaier-Schule ist ein reiner Holzbau. Unsere Gemeinderätin und Sonderpädagogin Anita Gritschneder betonte in der Gemeideratssitzung: „Unsere Schüler und auch wir Lehrer*innen fühlen uns dort sehr wohl! Es ist ein funktionales und angenehmes Lehren und Lernen.“

Ein Beitrag zu aktivem Klimaschutz – abgelehnt

Die Architekten  betonten, dass es für die überwiegende Holzbauweise keinerlei technische Vorbehalte gegenüber der Hybridbauweise gebe. Sie bestätigten die klimaschädliche Funktion der überwiegenden Stahlbetonbauweise.

Ja, die überwiegende Holzbauweise ist teurer: Um 1,1 Mio Euro – das sind 4,7% der zu erwartenden Gesamtbausumme.

Knapp 5% Mehrkosten sind gemessen an der eklatanten CO2-Einsparung nicht viel und vertretbar. Wollen wir wirklich warten auf die Kosten des Klimawandels? Wer soll bereit sein, Mehrkosten für eindeutige klimaschonendes Bauen zu bezahlen, wenn eine reiche Kommune wie Holzkirchen es nicht macht, obwohl die Mehrinvestitionen die heimische Wirtschaft stärken würde?

War es im letzten Jahrzehnt ungeschriebenes Gesetz, dass in Holzkirchen vorwiegend mit Holz gebaut wird, scheint nun „Sparen an der falschen Stelle“ zum Motto zu werden. Aus falsch verstandener Wirtschaftlichkeit hat sich eine große Mehrheit des Gemeinderates für Stahlbeton und gegen Holz entschieden.

Ein möglichst klimafreundlicher Holzbau – das hätte dem Marktgemeinderat die Zukunft unserer Kinder und unseres Planeten wert sein sollen.

Interessante Links:

Leitfaden zum Bauen mit Holz (Holzforschung der Technischen Universität München): https://www.architektur-kurz.de/wp-content/uploads/2019/08/Bauen-mit-holz-Klimaschutz.pdf

Effizienter Holzbau für lerngesunde Schulen (Forschung der TU München, der Universität Stuttgart, des Fraunhofer Instituts für Bauphysik): https://www.zukunftsraum-schule.de/pdf/information/energieeffiziente/Rohlfs_Effizienter%20Holzbau%20kurz.pdf