Montag, 25. Juli 2022

Bürgerentscheid zu den Umfahrungsstraßen - Die Langversion

Der Gemeinderat Holzkirchen hat in seiner Sitzung vom 19.7.2022 gegen nur eine Stimme einen Bürgerentscheid zu den geplanten Umfahrungen in Holzkirchen eingeleitet. Am 20. November 2022 haben die Holzkirchnerinnen und Holzkirchner nun die Wahl.

Hintergründe
Vorangegangen war im Mai 2022 die öffentliche Darstellung der Fachbehörde (Staatliches Bauamt Rosenheim), welche Trassen aus rechtlicher Sicht abschließend noch zur Diskussion stehen. 

Der Prozess der Vorauswahl ist abgeschlossen. Es gibt eine Ortsumfahrung, die sich in zwei Abschnitte aufteilt. Eine relativ ortsnahe Umfahrung Holzkirchen (Blaue Trasse) und eine Umfahrung Großhartpenning (Graue Trasse). Holzkirchen hat nun die Wahl: eine Trasse, oder zwei Trassen. Oder gar keine. Alternativen gibt es keine mehr. 

Wir bleiben bei unserer ablehnenden Haltung und fordern zusammen mit vielen anderen: Heimat erhalten - 2x Nein zu den Umfahrungen.


Quelle: Webseite der Marktgemeinde Holzkirchen

Zum You-tube video: Vortrag des Staatlichen Bauamtes im Oberbräusaal, Mai 2022

Für uns Grüne stellen die verbleibenden Trassen keine Überraschung dar. Die Tendenz war bereits mit der erweiterten Raumempfindlichkeitsanalyse von 2017 erkennbar. Spätestens im Februar 2020 war eindeutig klar: 

Es verbleiben die Trassen mit den damaligen Bezeichnungen V5 (heute Blau)  und V4 (soweit OU Hartpenning, heute Grau). Leider konnte die CSU Holzkirchen der Versuchung nicht widerstehen, das Thema Südumfahrung in den Kommunalwahlkampf zu tragen und bestand auf weiteren Untersuchungen zu den planungsrechtlich eigentlich bereits gescheiterten Trassen (V2, V3, V3 plus). Diese Untersuchungen führten alle erwartungsgemäß ins Nichts, wie zuletzt in der Sitzung im Mai 2022 im Oberbräusaal von der Fachbehörde abschließend und sehr eindeutig dargelegt.

Der nächste Schritt
Die Straßenbauverwaltung erwartet nun ein Votum von Holzkirchen, als hauptbetroffener Gemeinde, wie es weitergehen soll. Juristisch zwingend ist ein solches Vorgehen bei Bauvorhaben des Bundes nicht. Aber bewährt und sinnvoll: Der Bund hat nicht das Geld für alle im Bundesverkehrswegeplan hinterlegten Projekte. Also beschränkt er sich auf Maßnahmen, hinter denen auch vor Ort eine Mehrheit steht. Und so kommt es nun zu einem Bürgerentscheid per Ratsbegehren. Beide Bürgermeisterkandidaten der Stichwahl hatten dieses Vorgehen im Kommunalwahlkampf 2020 versprochen.

Die Vorbereitung
Für ein Ratsbegehren gibt es gute Gründe. Natürlich stellte ein einfacher Beschluss des Gemeinderates Pro oder Contra der Umfahrungsstraßen auch ein Votum Holzkirchens dar. Es wäre aber wohl ziemlich sicher, dass gegen das Ergebnis einer solchen Entscheidung ein Bürgerbegehren der unterlegenen Gruppe auf den Weg gebracht würde. Auf dessen Fragestellung hätte die Gemeinde aber keinen unmittelbaren Einfluss. Es bestand immer Konsens im Gemeinderat, dass die Rahmenbedingungen und die Fragestellungen so gerecht und ausgewogen wie möglich gestaltet werden.

Um dies auch im Sinne aller Beteiligten sicherzustellen, hatten wir Grüne via Antrag vorgeschlagen, einen "Runden Tisch" einzuberufen. Wir sind heute noch sicher: Das hätte gute Ergebnisse gebracht und die Akzeptanz des Bürgerentscheids bei Gegnern und Befürwortern weiter erhöht. Leider wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

In gewisser Hinsicht leistete aber eine vorbereitende Sitzung mit den Fraktionssprechern diese Aufgabe - zumindest zum Teil. Ohne Details preiszugeben darf festgestellt werden, dass die Vorbereitungen der Gemeindeverwaltung vorab noch nicht wirklich in die Tiefe gingen. Im Rahmen dieser Besprechung wurden wichtige Festlegungen zu dem Termin, den geeigneten Fragestellungen, den Rahmenbedingungen und der Plakatierregelungen vorbereitet. Gut so.

Leider sieht es das Rathaus unter Bürgermeister Christoph Schmid nicht als seine Aufgabe an, die Bürgerschaft noch umfassender über die Umfahrungen und das bevorstehende Ratsbegehren zu informieren. Der Bürgermeister verwies in diesem Zusammenhang allein auf die Homepage vom Rathaus und das Gemeindeblatt (siehe Juli-Ausgabe). Laut Bürgermeister ist es die Aufgabe der Gegner und Befürworter der Umfahrungsstraßen die Wahlberechtigten, wie im Wahlkampf, zu informieren. Wir werden das tun!

Die Debatte zum Beschluss
Es bleibt für uns Grüne völlig unverständlich, warum die Entscheidung zu einem Ratsbegehren am 19.7.2022 in eine so dichte Tagesordnung gepackt wurde. Eine sechsstündige Sitzung, die bis spät in die Nacht ging, war die Folge. Das Thema Ratsbegehren erst an 15ter Stelle. Nach 30 Jahren der Diskussion in der Öffentlichkeit wären die Ortsumfahrungen für uns Grüne eine eigene Sitzung wert gewesen.

Zumal wir auch eingefordert hatten, dass jede Fraktion, jeder einzelne Marktgemeinderat, Gelegenheit haben muss sich zu positionieren, wie er/sie zu den nun verbleibenden Trassen steht. Dazu hatten wir bislang im Rat noch gar keine Gelegenheit. Unser Antrag wurde nach längerer Debatte mehrheitlich mit dem Argument abgelehnt, dass es doch eine Selbstverständlichkeit sei, dass jeder sagen könne was er wolle. Das stimmt zwar, aber üblicher Weise hält man sich aus gutem Grund an die vorgegebene Tagesordnung - und hier war zunächst eben keinerlei Aussprache über die verbleibenden Trassen Blau und Grau vorgesehen.

Man kann sich des Eindrucks einfach nicht erwehren: Nach dem Scheitern aller CSU-Trassenvorschläge möchte man das Ganze nun so niederschwellig wie möglich durchziehen. Denn Triumphe wird es so oder so nicht zu feiern geben.

Tatsächlich wurde unser Antrag dann trotz Ablehnung dennoch mit Leben gefüllt. Und im Rahmen einer sehr sachlichen Debatte wurde deutlich: Neben uns Grünen lehnt auch die SPD beide Trassen geschlossen ab. Bei den bisherigen Befürwortern der Südumfahrungen bei CSU und FW war das Bild sehr differenziert und keinesfalls mehr so geschlossen, wie früher.

Überraschung des Abends
Tatsächlich gäbe es bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Rat wohl keine Mehrheit für die Umfahrungen! Gerade mal fünf Marktgemeinderäte sprachen sich für ein klares Ja zu beiden Trassen aus. Das aufzuzeigen war uns Grünen wichtig. Unser ganzer Respekt gilt denjenigen, die nun öffentlich bekunden ihre Meinung geändert zu haben und sich gegen die beiden Trassen aussprechen. Wir heißen sie im Lager der Gegner der Umfahrungen sehr herzlich willkommen.

Die Beschlüsse
Mit dem Beschluss für eine Trasse Blau ist nach dem Bundesverkehrswegeplan zwingend der weitere vierspurige Ausbau der B 318 von der Spinne zur Anschlussstelle südlich Marschall und Lochham verbunden (ca. 2,6 km). So es keine Südumfahrung gibt, gibt es auch keinen vierspurigen Ausbau. Deshalb hatten wir zunächst gefordert, diese Tatsache auch in der Fragestellung zu verankern. Wir wurden aber überzeugt, dass dies den Bürgerentscheid angreifbarer machte. Allerdings hat die Bauverwaltung klargestellt, dass die Koppelung mit dem vierspurigen Ausbau auch aus allen gemeindlichen Informationen deutlich hervorgehen müsse. Wir werden darauf achten. Hier die Beschlussvorlagen für die zwei Entscheide im Wortlaut:

Bürgerentscheid 1:
Südumfahrung (Ortsteil) Holzkirchen
Fragestellung:
Soll sich die Marktgemeinde Holzkirchen bei den zuständigen Stellen für den Bau einer Bundesstraße von der B 13 – nördlich von Großhartpenning – bis zur B 318 – südlich von Lochham, Gemeinde Warngau – als Südumfahrung – blaue Trasse – einsetzen?

Bürgerentscheid 2:
Nordwestumfahrung (Ortsteile) Großhartpenning und Kurzenberg
Fragestellung:
Soll sich die Marktgemeinde Holzkirchen bei den zuständigen Stellen für den Bau einer Bundesstraße von der B 13 – südlich von Kurzenberg – bis zur B 13 – nördlich von Großhartpenning – als
Nordwestumfahrung – graue Trasse - einsetzen?

Bedeutung
Viele Bürgerinnen und Bürger meinen, die nun anstehenden Bescheide hätten ählich wie 2003 letztlich keine wirkliche Bedeutung. Dem muss deutlich widersprochen werden. Diesmal geht es um qualifizierte Planungen, nicht um einen Strich in der Landschaft. Für beide Trassen besteht Planungsrecht nach dem Bundesverkehrswegeplan. Die Trasse Blau ist durchfinanziert. D.h. diesmal geht es um die finale Entscheidung. 

Bei einem Ja zu den Umfahrungen gehen die Planungen unmittelbar weiter. Ganz sicher ist deren Bau dann allerdings noch nicht, auch das muss ehrlich kommuniziert werden. Denn der Bund könnte sich - aus welchen Gründen auch immer - natürlich bis zum Schluss noch umentscheiden.  

Einfacher sind die Auswirkungen von 2x Nein. Alle Planungen würden sofort und verbindlich eingestellt.

Zum Bericht von Merkur.de