Donnerstag, 2. November 2017

Künstliche Aufregung um Wasserschutzzone Taubenberg

Die Landeshauptstadt München bezieht den größten Teil ihres Trinkwassers aus dem Einzugsbereich des Taubenbergs. Seit vielen Jahren steht fest: Die Wasserschutzzone am Taubenberg muss nach geltender Rechtslage erweitert werden. Die Frage ist dabei nicht ob, sondern wie.

Die Zuständigkeit liegt beim Landratsamt, das in diesem Fall nicht als Mitglied der Kommunalfamilie, sondern als Behörde die gesetzlichen Vorgaben umsetzen muss (»Janusköpfige Verwaltung«). Vergleichbar mit den Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit dem Sozialrecht, die als solches im Kreistag auch nicht Gegenstand der politischen Diskussion sind.

Niemand käme auf die Idee, im Kreistag eine Debatte beispielsweise darüber führen zu wollen, ob das Arbeitslosengeld zu hoch oder zu niedrig ist. Beim Thema Wasserschutz aber sehen das einige anders, vermutlich im Glauben, daraus politisches Kapital schlagen zu können. Auf der Strecke bleibt die Vernunft.

Die Situation
Bereits unter Landrat Kreidl wurde das Landratsamt (LRA) nach Jahren der Verzögerung von der Regierung von Oberbayern schließlich schriftlich angewiesen, das Verfahren zur Erweiterung der Wasserschutzzone endlich voranzutreiben. Es geschah: Nichts. Ein unhaltbarer Zustand.

Fragenkatalog 
Als erster Schritt unter dem neuen Landrat Wolfgang Rzehak wurde ein Fragenkatalog ausgearbeitet, das laufende Verfahren wurde für diese Zeit ausgesetzt. Unter anderem sollte vorab die wichtige Frage geklärt werden, ob die Altrechte der Stadt München in Sachen Wassergewinnung am Taubenberg überhaupt rechtlichen Bestand haben. Denn immer wieder stand der Vorwurf im Raum, die Stadt München stehle dem Landkreis Miesbach das Wasser.

Gewissenhafte Prüfung 
Wichtigste Antwort: Die Rechte haben Bestand. Nach gut 3 Jahren gewissenhafter Prüfung durch die Fachabteilungen des LRA ist der Fragenkatalog abgearbeitet, im intensiven Austausch mit den betroffenen Kommunen und dem zuständigen CSU-geführten Ministerium wurden Spielräume in Bezug auf die Ausweitung der Wasserschutzzone ausgelotet und gefunden, und die Ergebnisse wurden auf der Website des Landratsamts veröffentlicht.

Rechtsstaatliches Verfahren
Nun wird das rechtsstaatliche Verfahren wiederaufgenommen, im Rahmen dessen auch jeder Betroffene seine Einwände geltend machen kann. Warum man dieses Vorgehen skandalisieren möchte, bleibt wohl das Geheimnis der Freien Wähler und der CSU.

Grenzen überschritten 
Das Niveau der Kreistagsdebatte zum Thema Wasserschutz haben nicht nur wir Grüne als unterirdisch erlebt. Die wohl peinlichste Entgleisung leistete sich dabei der Kreisrat und Bürgermeister von Kreuth, Josef Bierschneider (CSU), indem er behauptete, dass der Landrat sich wohl seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Stadt München, mehr verpflichtet fühle, als dem Landkreis und dass jeder wisse, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Wasserschutzzone irgendwann bis nach Kreuth reiche.

Als Antwort auf die Vorwürfe sprach unser stellvertretender Fraktionssprecher Robert Wiechmann:
Lieber Landrat, werte Kolleginnen und Kollegen,

Wenn erwachsene Menschen in der politischen Diskussion vor allem die Emotionsschiene bedienen, wirkt das naturgemäß immer ein klein wenig – sagen wir – bemüht.

Natürlich kann das in einer freien Gesellschaft jeder halten wie er will – wir aber müssen gemeinsam darauf achten, dass dieses Haus, der Kreistag, im Rahmen unserer Zuständigkeiten die tatsächlichen Probleme abarbeitet - denn nur dafür sind wir gewählt, das erwarten die Bürger. Politische Schaukämpfe gehören nicht dazu.

Schon allein deshalb ist die nochmalige Klarstellung für die Öffentlichkeit notwendig, dass wir als Kreistag für das Behördenverfahren »Wasserschutzzone« natürlich keinerlei Zuständigkeit besitzen. Wäre dem nicht so, dann käme man wohl auch andernorts in große Verlegenheit: Ich kann nur auf die Marktgemeinde Holzkirchen Bezug nehmen.

Bei uns wird derzeit auch ein neues Wasserschutzgebiet ausgewiesen. Ohne, dass wir im Gemeinderat auch nur darüber sprächen, geschweige denn stritten. Warum auch? Bitte lieber Olaf von Löwis, korrigiere mich, wenn's anders wäre. Hier hält niemand Händchen mit den Betroffenen. Hier beschwört niemand das Ende landwirtschaftlicher Betriebe, wiewohl mir die Auflagen teilweise sogar höher erscheinen, als im hier diskutierten Fall. Niemand wirft unseren Gemeindewerken vor, jemanden das Wasser zu stehlen, niemand bedauert in diesem Gemeindeteil künftig keinen Lidl & Co bauen zu dürfen …

Und das ist natürlich gut so. Hier läuft ein ganz normales wasserrechtliches Verfahren ab. Mit klaren Zuständigkeiten. Nach rechtsstaatlichen Prinzipien. Und genau das muss doch auch unsere Botschaft als gewählte Volksvertreter an die Bürger sein: Fürchtet Euch nicht! Wir leben nicht in Timbuktu oder Aserbaidschan, sondern im Freistaat Bayern. Und da gelten überall die gleichen Gesetze. Sogar im Landkreis Miesbach. Auch wenn einige offensichtlich meinen, punkten zu können, wenn sie den genau gegenteiligen Eindruck erwecken, wie in den letzten Wochen leider geschehen. Am Ende läuft das Verfahren keinen Deut anders, wenn man über das eine Ministerium versuchte, auf das andere Ministerium einzuwirken. Glauben Sie mir, da weiß ich als Beamter wovon ich spreche.

Bleiben wir also bei den Fakten: Unser Landrat hat, wie es seine Pflicht ist,
  • mit seinen Fachleuten in Absprache mit dem zuständigen Ministerium und der zuständigen  Fachbehörde den Fragenkatalog abgearbeitet, 
  • Spielräume im Sinne der Betroffenen ausgelotet und genutzt, 
  • und alle Ergebnisse wie versprochen veröffentlicht. 
Jetzt kommt es zur Weiterführung des Verfahrens. 
Das sieht ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger übrigens auch so. Das Thema Wasserschutz sorgt in der breiten Öffentlichkeit eben für keine Wallungen, wie Sie vielleicht selbst schon festgestellt haben. Warum sollte auch jemand ein schlechter Mensch sein, der sich um sauberes Wasser kümmert?

Nicht einmal die Gegner der Wasserschutzzonen, die die sog. Altrechte der Stadt München grundsätzlich in Frage stellen, müssen sich fürchten. Wenn sie, wie immer wieder behauptet, tatsächlich über »Beweise« verfügen, dass man unserer Landeshauptstadt München eigentlich den Hahn zudrehen müsse: Dann sollen sie das im Verfahren eben einbringen. Das einzige was neu ist: Nun kommt über kurz oder lang tatsächlich auf, ob hier nicht seit vielen Jahren an einer Legende ohne reale Grundlage gestrickt wurde. Davor mag dann manch einer tatsächlich Angst haben … das darf uns als Kreistag aber nicht berühren.

Schade aus Sicht der Fraktion der Grünen ist es, dass niemand der Kritiker auch nur ansatzweise auf die Vorteile der Wasserschutzgebiets Taubenberg verweist. Auch einmal diese Perspektive zu beleuchten, das wäre die Pflicht gewählter Volksvertreter.

»Zukunft wird aus Mut gemacht«. Die populistische Schiene dient weder dem Landkreis, noch den hier vertretenen Gruppierungen.

Mehr Mut, dem Bürger rechtsstaatliche Prinzipien zu erklären und diese auch offensiv zu verteidigen.
Das wünschen wir uns im Zusammenhang mit der Ausweisung einer Wasserschutzzone auch auf kommunalpolitischer Ebene. 
Das Gelbe Blatt, 21. Oktober 2017.
Zu den Fakten: Bericht des Miesbacher Merkur
Eine unwürdige Debatte: Bericht des Miesbacher Merkur.
Informationen zur Trinkwassergewinnung auf der Website der Stadtwerke München.