Freitag, 14. April 2017

Bericht vom Globalen Grünen - Treffen in Liverpool

Unser Bundestagskandidat, Kreis- und Marktgemeinderat Karl Bär berichtet:

Vom 30. März bis zum 2. April war ich als bayerischer Delegierter beim Europäischen Grünen Parteitag in Liverpool.

Gleichzeitig trafen sich am selben Ort die "Global Greens" zum alle vier Jahre stattfindenden Kongreß und die Grüne Partei von England und Wales zu ihrem Parteitag.

Insgesamt kamen so fast 2.000 Grüne aus über 100 Ländern zusammen!



Dabei waren die eigentlichen Abstimmungen über politische Resolutionen und Strukturfragen allesamt auf den Sonntag gelegt. Die drei Tage davor standen Workshops und Diskussionsrunden im Vordergrund. Ganz oben auf dem Programm stand der Kampf gegen den Klimawandel als globale Überlebensfrage, der Grüne überall auf der Welt beschäftigt. Aber auch der Einsatz für eine faire Handelspolitik, eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft, den Schutz der Meere und der Kampf gegen Rechtspopulismus und autoritäre Regime bringt alle zusammen.

Ein Dauerthema war natürlich der Brexit. Am Mittwoch hatte die britische Premierministerin das offizielle Austrittsgesuch in Brüssel abgegeben. Damit beginnen die zweijährigen Austrittsverhandlungen. Ich schwänze ein Treffen der deutschen Delegation, um mich als einer von wenigen Ausländern in eine sehr gut besuchte und hochemotionale Podiumsdiskussion zu setzen. Die englischen und walisischen Grünen haben gegen den Brexit gekämpft und sind auch weiterhin der Ansicht, daß sie den Austritt au der EU noch verhindern können. Der Plan ist: Ein zweites Referendum Ende 2018, wenn die Bedingungen des Austritts bereits klar sind („Ratification Referendum“). Die schottischen Grünen unterstützen die Unabhängigkeit Schottlands von London und eine eigene EU-Mitgliedschaft. Und die Grünen aus den ehemaligen Kolonien nennen die „Empire 2.0“ - Träume im Pro-Brexit-Lager nur eine lächerliche Illusion.

Eingerahmt wurde die Veranstaltung von zwei Doppelreden. Den Auftakt machen die beiden Parteivorsitzenden der englischen Grünen, Caroline Lukas und Jonathan Bartley, die mit zwei Redepulten gleichzeitig auf der Bühne stehen und eine gut abgestimmte, gemeinsame Rede halten. Ich interpretiere das als Zeichen des Zusammenhalts der Partei. Insgesamt machen die englischen Grünen auf mich den Eindruck, sehr viel kooperativer zu arbeiten als die Deutschen. Eine Stadträtin aus Brighton erzählt mir, daß sie in Parteigremien immer Ruheminuten einlegen, wenn sich eine Diskussion aufheizt.



Zum Abschluss reden dann die Grünen Präsidentschaftskandidaten aus Finnland und Ruanda, Pekka Haavisto und Dr. Frank Habineza. Haavisto hat bei der letzten Wahl 37% der Stimmen erhalten und sieht diesmal eine echte Chance, nach Raimondis Veyonis in Litauen und Alexander van der Bellen der dritte Grüne Präsident in Europa zu werden. Er lebt in einer homosexuellen Partnerschaft mit einem Ecuadorianer und zieht so natürlich den Haß der Rechten auf sich. Er berichtet von Versuchen, auf Menschen, die ihm mit Haß begegnen, menschlich zuzugehen.

Habineza ist in einer völlig anderen Situation. Sein Ziel ist es, sein Land zu demokratisieren. Im Jahr 2010 floh er für zwei Jahre nach Schweden, als es in Ruanda zu Gewalt gegen die Opposition kam. In einem eindringlichen Apell bittet er um internationale Solidarität, falls er während des Wahlkampfs oder nach der Wahl in den Knast kommen sollte.

Am kommunalpolitischen Abend setze ich mich an einen Tisch mit Gemeinde- und StadträtInnen aus Österreich, England, Slowenien, Spanien und Japan. Die japanische Kollegin ist eine von zwei Frauen im Stadtrat von Narita. Sie erzählt, daß es in Japan so gut wie keine Kindertagesstätten gibt und die Berufstätigkeit von Frauen dadurch sehr erschwert wird. Ein Problem, das wir bis vor kurzem in Westdeutschland auch noch hatten – und das abschließend zu lösen selbst in einer Gemeinde wie Holzkirchen immer noch weiterer Anstrengungen bedarf, wiewohl hier in den letzten Jahren schon Millionen in Kindertagesstätten investiert worden sind.


Das wichtigste an dem Treffen ist der Austausch mit anderen. Leider hat ein großer Teil der Delegierten aus Afrika kein Visum für das Vereinigte Königreich bekommen. Aber ich rede mit einem jungen Umweltaktivisten aus Kenia, der Angela Merkel sehr lobt; mit der südtiroler Delegation spreche ich über Pestizide in Apfelplantagen und mit einer irische Senatorin, die Rentenfonds klimafreundlicher machen will, über den Energiecharta-Vertrag. Weil fast die Hälfte der 2000 Leute aus England und Wales sind, geht es natürlich immer wieder um den Brexit.

Und ich erzähle selbst natürlich auch etwas: Vom Geothermie-Projekt in Holzkirchen. Davon, wie schön es ist, einen Grünen Landrat zu haben. Und von Flächenfraß in einer Boomregion. Ein Preis von 1.000 € für einen Quadratmeter Bauland ist für die meisten hier ebenso fremd, wie ein 6.000 m langes Loch, aus dem über 150°C heißes Wasser kommt. Holzkirchen ist also auf dem Globus etwas ganz besonderes.

Aus Liverpool nehme ich sehr viel Motivation mit. Sie kommt aus drei Erkenntnissen:

1. Es ist extrem dringlich, die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen auf diesem Planeten aufzuhalten.

2. Schon halbwegs funktionierende demoraktische Institutionen sind im globalen Vergleich etwas besonderes. Von Verhältnissen wie im Holzkirchner Gemeinderat können viele nur träumen.

3. Wir sind Teil einer weltweit vernetzten Bewegung mit gemeinsamen Themen und Zielen.