Donnerstag, 23. Juli 2015

Flächenfraß und kein Ende?

Holzkirchen wächst und wächst.
In den letzten 25 Jahren wurde bei uns so viel Fläche überbaut, wie nie zuvor.

Auf die grüne Wiese gesetzt wurden u.a.: Das »alte« Gewerbegebiet (»Hexal«), die Anbindung des Gewerbegebiets an die B 318, die Wohnbebauung in der Thannerstraße, das Gewerbegebiet West, die Nordumfahrung, die Wohngebiete zwischen Nordumfahrung und Holzkirchen, die neuen Schulen und Kindertagesstätten, das Gewerbegebiet in Föching, etc ... Bereits beschlossen sind u.a. das Wohnbaugebiet »Maitz«, der vierspurige Ausbau der B 318, die Anbindung des Gewerbegebiets Nord an die B 318 über ein monströses Brückenbauwerk ...

Die Bevölkerungszahl dagegen ist in Holzkirchen in den letzten 10 Jahre nachweislich fast nicht gewachsen.

Damit liegen wir voll im Bayerntrend:
Auch weiterhin werden in Bayern täglich unglaubliche 18 Hektar Grund überbaut. Jährlich verschwindet eine Fläche von der Größe des Chiemsees unter Beton. In nur einer Menschengeneration hat die Siedlungsfläche in Bayern um 50% zugenommen.

Kann das einfach so weitergehen?

Nein, das kann es nicht. Das zu wissen, muss man kein Rechenkünstler sein.
Keine Generation vor uns hat sich diesen Luxus erlaubt, keine Generation nach uns wir ihn sich noch leisten können. Der Flächenfraß ist in Bayern die größte Bedrohung für unsere Umwelt und damit für unser aller Lebensgrundlage.

Zum ersten Mal (!) hat der Miesbacher Kreistag im Juli 2015 den Antrag einer Gemeinde auf die Herausnahme von Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet teilweise abgelehnt. Unsere Landschaftsschutzgebietsverordnungen erweisen sich als hochmodernes und wirksames Steuerungsinstrument, wenn – wie nun erstmals geschehen – in jedem Einzelfall sorgältig und nach rein sachlichen Erwägungen entschieden wird.

Zum Bericht im Gelben Blatt vom 18. Juli: Seite 1 und Seite 2.
Zum Bericht im Miesbacher Merkur vom 17. Juli: Kreistag bremst Baugebietsausweisung.

Das Grundproblem des ungebremsten Flächenverbrauchs in Bayern aber können Schutzgebiete nicht lösen helfen.


Stop dem Flächenfraß auch in Holzkirchen!
Holzkichen hat keinerlei Schutzgebiete.
Und dennoch muss auch bei uns ein Umdenken erfolgen, wollen wir auch künftigen Generationen Entwicklungsmöglichkeiten zugestehen. Aus Verantwortung für die Zunkunft. Das aber ist im Gemeinderat Holzkirchens noch nicht einmal andiskutiert, geschweige denn bereits Konsens.

So denken einige bereits vier Jahre nach der »Kiellegung« des neuen Gewerbegebietes in Föching ernsthaft an dessen Erweiterung. Das macht fassungslos. Als wir Grüne 2011 anmahnten, doch gezielt drüber zu diskutieren, wie lange uns dieses Gewerbegebiet denn ausreichen soll, wurden wir darauf verwiesen, dass das ganze ein »Jahrhundertprojekt« für »mindestens 50 Jahre« sei – sich daher jede Diskussion erübrige.

Nur vier Jahre später spricht man schon ganz offen von der Notwendigkeit der »Spiegelung« des 15 Hektar großen Gewerbegebiets und dessen Anbindung durch eine »Umgehung der Umgehungsstraße«, keine 300 Meter parallel zur künftig vierspurig ausgebauten B 318.

Wir werden als Bündnis 90/Die Grünen mit unserer ganzen Kraft gegenhalten und fordern einen vorläufigen Stop weiterer Gewerbeansiedlung auf der grünen Wiese. 

Holzkirchner Merkur, 4. Juli 2015
Unsere Gründe gegen die Erweiterung des neuen Gewerbegebiets und das damit verbundenen Straßenbauprojekt parallel zur B 318:
  • Jeder spürt: Alles geht viel zu schnell, Bürger wie Kommune sind mit der rasanten Entwicklung überfordert. Die Entwicklung des 15 ha großen Gewerbegebiets in nur vier Jahren vom »Jahrhundertprojekt« zum »Appetithappen« stellte nicht weniger als die Glaubwürdigkeit des Gemeinderats in Frage.  
  • Die Frage nach dem Sinn von »immer mehr« ist nicht diskutiert, geschweige denn beantwortet. Wohin wollen wir warum wachsen? Welche Möglichkeiten zur Bebauung (oder auch zu etwas anderem) wollen wir unseren Kindern und Enkelkinder zugestehen?
  • Viele neue gutbezahlte Arbeitsplätze in zu kurzer Zeit erhöhen den Druck auf die sehr hohen Miet- und Bodenpreise in unserer Gemeinde nur noch weiter. Bevor wir auch nur andenken können, weitere Gewerbegebiete ausweisen, müssen wir erst unsere Hausaufgaben in Sachen bezahlbarer Wohnraum erledigt haben. Damit haben wir aber gerade erst angefangen. Ergebnisse gibt es noch keine.
  • Wachstum kostet enorm viel Geld. Für Straßenbau, für Kindertagestätten, Schulen, Kultur und, und und ... Wir drehen als Gemeinde ein immer größeres Rad. Ob die Gesamtbilanz für die Gemeinde dabei positiv aussieht, darf sehr bezweifelt werden. Die wirtschaftliche Entwicklung muss mit der Entwicklung von Infrastruktur und Kultur im Gleichklang stehen.
    • Die Anbindung des Gewerbegebiet Nord über eine verschwenkte Kreisstraße und über die dann vierspurige B 318 ist zwar beschlossen, aber noch gar nicht umgesetzt. Eine Begründung für einen zusätzlichen Bau einer Umgehung der Umgehungsstraße gibt es derzeit nicht.
    Das gebotene Umdenken wird schwierig, weil furchtbar unbequem. Die Wahrheit ist: Der Gemeindehaushalt hängt kurzfristig betrachtet am Tropf des Flächenverbrauchs. Die Bautätigkeit spült zunächst Geld in die Gemeindekasse: Direkt durch die Beteilgung an der Grundstücksvermarktung, mittelbar durch Gewerbesteuer und Einkommensteuer.

    »A bissl was geht scho no«, »nur noch einmal« – solche Gedankenspiele sind aus Sicht mancher amtierender Gemeinderäte zunächst nachvollziehbar, weil sehr bequem.

    Im Sinne einer wirklich nachhaltigen Entwicklung der Gemeinde und der Generationengerechtigkeit sind sie aber falsch. Wir müssen uns in Sachen Flächenfraß endlich bescheiden lernen.
    Das ist der Punkt.


    Alle Posts zu Gewerbegebiet und Flächeverbauch
    Alle Posts zu Landschaftsschutzgebiet und Kreistag.
    Zur »Umgehung der Umgehung« siehe im Post »Haushalt 2015: Grüne Perspektiven«.

    Fakten zum Flächenverbrauch und zum Bevölkerungswachstum: Website des Bund Naturschutz.

    Eingestellt von Robert Wiechmann.