Freitag, 17. April 2015

Geothermie: Das Holzkirchner Konzept

Gestern standen der Leiter der Gemeindewerke und weitere Experten dem Marktgemeinderat in öffentlicher Sitzung Rede und Antwort.
Das Thema: Der aktuelle Stand der technischen und wirtschaftlichen Planungen für das Holzkirchner Geothermieprojekt. In zwei Wochen muß eine Entscheidung getroffen werden. Sonst erledigt sich das Projekt allein durch Zeitablauf. Die Entscheidung ist auch nach mehreren Jahren der Vorbereitung angesichts des Finanzvolumens und des Risikos nicht leicht. Umso mehr freut es uns, daß die Sitzung gut besucht war und sich auch viele ZuhörerInnen ein Bild von diesem komplexen Projekt machen konnten.

Mit unserem Blog versuchen wir unsere Leser bezüglich der anstehenden Entscheidung auf dem Laufenden zu halten. Heute beginnen wir mit dem technischen Konzept: Wie sieht die aktuelle technische Planung für Holzkirchen aus?

Wir freuen uns auf anregende Fragen, Kommentare, Diskussionsbeiträge, die uns bei unserer Entscheidung unterstützen können.

Die Bohrung
Es wird eine »schlanke Dublette« gebohrt. Heißt: Eine Bohrstelle (in der Alten Au neben der B 318), zwei Bohrungen, Durchmesser 6.1/8 Zoll. Mögliche Fördermenge etwa 80 l/s, evtl. etwas mehr, evtl. etwas weniger. Unter Tage werden die Bohrungen »abgeleitet«, das heißt, die Endpunkte in knapp 5.000 m Tiefe liegen schließlich gut zwei Kilometer auseinander. Das ist wichtig. Denn das Wasser wird an einer Stelle entnommen nur um – abgekühlt – an anderer Stelle wieder »reinjiziert« zu werden. Diese beiden  Punkte müssen natürlich eine gewisse Entfernung zueinander aufweisen, sonst liefe man Gefahr, über kurz oder lang nur noch bereits abgekühltes Wasser zu ziehen. Jede Bohrung kostet gut zehn Millionen €.


Heißes Wasser
Wenn die erste Bohrung in etwa 5.000 m Tiefe angekommen ist, wird es richtig spannend: Wie hoch ist die Temperatur und wie groß ist die Schüttung? Liegen die im berechneten Korridor, hat man das Schlimmste hinter sich. Vielleicht kommt aber zu wenig oder zu kaltes Wasser, trotz aller Messungen und Berechnungen, die gemacht wurden. Das ist unwahrscheinlich, aber möglich. Und könnte den Totalverlust von bis zu 11 Mio € und das Ende des Projekts bedeuten.

Das Thermalwasser steigt bis etwa auf die Höhe der Donau an und muss den Rest des Weges an die Oberfläche gepumpt werden. Dank kleinerer Bohrdurchmesser können wir in unserem Projekt mit bewährten Pumpensystemen arbeiten. Für diese Sicherheit nehmen wir nun eine geringere Gesamtleistung in Kauf, als ursprünglich angedacht. Egal, welchem Abzweig das Wasser zugeführt wird: Es wird ihm Wärme entzogen und dann geht es sofort zurück in die Tiefe. In einem geschlossenen System. Das Wasser kommt mit nichts in Berührung außer mit Leitungsrohren.

Wärme für Holzkirchen
Ein Teil des Wassers gelangt zu den Plattenwärmetauschern und gibt seine Wärme dort an das geschlossene System für die Fernwärme ab. Unser Fernwämenetz wird aktuell durch Gas betrieben. Hocheffizient, aber nicht regenerativ.
Künftig verkauft die Holzkirchner Geothermie GmbH die gewonnene Wärme aus dem Geothermieprojekt an unsere Gemeindewerke. Diese verkaufen an den Endverbraucher weiter.

Strom für das Netz
Der andere Teil des Wassers gelangt in das ORC-Kraftwerk zur Stromerzeugung. Der Strom wird ins Netz eingespeist und damit verkauft. Dank EEG für die nächsten 20 Jahre zu einem fixen Preis. Mit diesem Geld wird das Projekt selbst und der Ausbau des Fernwärmenetzes refinanziert.

Das Geothermieprojekt kann künftig etwa 1/3 des gesamten Holzkirchner Strombedarfs und 50% des Wärmebedarfs liefern. Nachhaltig und CO₂-neutral.

Der Zeitplan
Ist aufgrund des EEG relativ eng. Denn: Spätestens am 31.12.2017 muß der Generator des Kraftwerks laufen und Strom einspeisen. Hintergrund: Ab 2018 sinkt die Einspeisevergütung um 5% jährlich (EEG, Artikel 27 und 48). Das Geothermieprojekt wäre zwar trotzdem noch wirtschaftlich, aber mit jedem Monat nach Start in 2018 deutlich weniger.
Dies ist auch der Grund dafür, dass der Gemeinderat die Entscheidung jetzt treffen muss.

Nur so können in 2015 die ggf. noch notwendigen Ausschreibungen gemacht, Verträge und die Bauleistungsversicherung geschlossen werden. Dann kann in 2016 gebohrt und das Kraftwerk bestellt werden. Für die Planung des Kraftwerks muß man natürlich die angestrebte Leistung kennen. Dazu muss man widerum Temperatur und Schüttung wissen. Und bis das Kraftwerk steht und der Generator arbeitet, dauert es 13 Monate. Auch, wenn alles gut vorbereitet ist.
Die Wärmeversorgung kann natürlich schon nach Fertigstellung der beiden Bohrungen und dem Anschluß der Alten Au ans Fernwärmenetz erfolgen.

Weitere Informationen
Auf der Website der Gemeindewerke gibt es zwei pdf-Dateien mit interessantem Inhalt: Die aktuelle Zusammenfassung, die gestern auch in der Sitzung verteilt wurde – unbedingt zu empfehlen! –, und allgemeine Informationen zur Geothermie.

Mit der geologischen Untersuchung und – falls Realisierung des Projekts – mit der Begleitung bei der Bohrung beauftragt ist die Firma Erdwerk GmbH.

Demnächst zu lesen 


»Heißes Wasser, da entlang!« Aufgenommen in der Geothermie-Anlage in Traunreut.
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